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Werk-m Interview mit DeviceMed: Die Zukunft der Medizintechnik

Digital wird real –

Alexander Müller ist Geschäftsführer der Designagentur Werk M. Devicemed hat ihn zur Medizintechnik von Morgen befragt.

Herr Müller, welche Trends sind derzeit aus Ihrer Sicht im Kommen?

Im Konsumgüterbereich hat sich die Digitalisierung vollzogen. Wunderten sich die älteren Generationen vor wenigen Jahren, warum der neue Fernseher WLAN benötigt, so ist heutzutage der Begriff „Internet der Dinge“ etabliert.

In der Medizintechnik befinden wir uns immer noch in der Übergangsphase von analog zu digital. Junge, engagierte Unternehmen entwickeln Gesundheitsapps, die nicht nur der Unterhaltung dienen, sondern dem Anwender oder Patienten bei der Therapie helfen können. M-Sense zum Beispiel hat eine zertifizierte Migräne-App entwickelt, die dabei hilft, Kopfschmerz- und Migräneattacken zu vermeiden. Ich beobachte mit Spannung die Entwicklung neuer Health-Apps. Die Bereitschaft des Anwenders, seine Daten preiszugeben, ist offensichtlich gegeben, wenn man sich die Popularität aktueller Fitness-Apps oder Self-tracking-Apps anschaut.

Welche Technologien müssen in der Medizintechnik erst noch ankommen oder Fahrt aufnehmen?

Für uns Konsumenten entstehen zur Zeit ständig neue Cloud-Services, die wir nutzen können, um unsere liebsten und wichtigsten Daten immer und überall griffbereit zu haben. Das ist eine feine Sache, denn wer schleppt schon gerne sein Fotoalbum den ganzen Tag mit sich herum. In der Medizintechnik funktioniert etwas wie ein Cloud Service bedingt, so lange man sich in einem einzigen Krankenhaus aufhält. KIS verwaltet Daten, Röntgenbilder, Videos und mehr. Allerdings werden diese Daten das Krankenhaus nie verlassen. Als Patient würde ich gerne orts- und krankenhausunabhängig auf meine Daten zugreifen können, wenn ich sie im Notfall benötigte – im besten Fall sogar am Unfallort selbst. Als alternative Zwischenlösung böte sich die intelligente elektronische Gesundheitskarte an. Sie könnte neben den persönlichen Daten auch die Patientenakte inklusive Medikationsplan beinhalten, um mögliche Wechselwirkungen ausschließen zu können. Das wäre auf jeden Fall schon einmal ein Schritt in die richtige Richtung.

Ein zweiter Punkt: Eine der größten Herausforderungen für deutsche Krankenhäuser liegt in der Infektionskontrolle. Crosskontamination findet dann statt, wenn kontaminierte Gegenstände von Raum zu Raum gebracht werden. Wäre es da nicht sinnvoll, das papierlose Krankenhaus Realität werden zu lassen? Als Produktdesigner schätze ich den Bleistift, der hin und wieder angespitzt werden muss und ein schönes Blatt Papier – ich entwerfe aber digital auf dem Tablet mit Stift und vermeide so eine Menge Papiermüll – alles eine Frage der Gewohnheit. Anästhesisten bedienen Hightechgeräte, die Patienten vollautomatisch sedieren und überwachen können, und sitzen gleichzeitig vor dem Gerät, um auf einem DIN A3 großen Papierbogen das Anästhesieprotokoll mit einem Kugelschreiber im OP auszufüllen – ein Anachronismus.

Welche Aspekte finden Sie vom Blickwinkel des Designs aus besonders herausfordernd?

Ich finde es sehr positiv und spannend, dass die Designqualität heutiger Medizinprodukte ein sehr hohes Niveau erreicht hat. Das wird einmal mehr durch die vielen Einreichungen beim Red-Dot oder dem IF Design Award unterstrichen. Teil des Produktdesigns wird zukünftig immer mehr das User-Experience-Design und das User-Interface-Design sein. Bei den wirklich guten Produkten haben alle drei Disziplinen hervorragend zusammengearbeitet.

Als große Herausforderung empfinde ich die Entwicklung des asiatischen Medizinproduktemarkts. In den letzten Jahren wurden auf der Medica Produkte im unteren Preissegment vorgestellt, die sehr gut gestaltet waren und einen sehr guten Eindruck gemacht haben. Und auch die Produkte im mittleren Preissegment stehen den europäischen in nichts nach. Da müssen wir uns auf unseren Markenwert „Made in Germany“ berufen und nachlegen.

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